Man kann ja über Tom Cruise, insbesondere seine Betätigungen bei Scientology, sagen, was man möchte, er ist aber doch ein guter Schauspieler und vor allem einer der letzten Garanten für großes Hollywood-Kino. Auch EDGE OF TOMORROW bietet selbiges, und erfreulicherweise bezieht sich die Größe nicht nur auf hohle Schauwerte, sondern in diesem Falle auch auf die zugrunde liegende Science-Fiction-Geschichte mit dem speziellen Twist (die japanische Light Novel ALL YOU NEED IS KILL) und das daraus geschickt geknüpfte, erfreulich humorvoll erzählte und sich dennoch selbst ernst nehmende Drehbuch. BOURNE IDENTITY-Regisseur Doug Liman liefert mit EDGE OF TOMMOROW seinen bislang besten Film ab, eine originelle Abwandlung des klassischen Alien-Invasions-Themas, die Raum bietet zur Entfaltung des Hauptcharakters, welchem mit Emily Blunts Full Metal Bitch ein starker weiblicher Charakter zur Seite gestellt wird. Natürlich wird viel geschossen, geschrien, geblutet und zerstückelt im Film (alles mit der gewissen PG-13-Reinlichkeit), aber unter dem Spektakel schlägt ein menschliches Herz, dass nicht nur töten sondern auch lieben möchte. Und obwohl nur ein Kuss geteilt wird, ist EDGE OF TOMORROW in seiner zweiten Hälfte ein von tragischer Romantik erfüllter Film, so man sich von Alienhorden und explodierenden Hubschraubern (Yeah!) nicht blenden lässt.
Archiv für den Monat: Februar 2015
Kurzrezi: Fury (USA 2014)
Statt rauhen Großstadtstraßen und zwielichtigen Polizisten widmet sich STREET KINGS und SABOTAGE-Regisseur David Ayer in FURY dem zweiten Weltkrieg in seinen letzten Tagen. Fury ist dabei nicht etwa ein Pferd, wie man vielleicht argwöhnen möchte (vermutlich der Grund, warum man den Film in Deutschland in HERZ AUS STAHL umgetauft hat), sondern der Name des Panzers, in dem die Helden durch Deutschland rattern. Und eine Spazierfahrt ist es nicht, sondern eher eine Fahrt in die Hölle, deren Unmenschlichkeit auch die US-Soldaten zu entmenschlichen droht. Den Umständen entsprechend geht es grausam zur Sache, und der Film blendet dabei auch nicht ab. Dennoch gibt es immer wieder Momente der Besinnung, der trügerischen Ruhe, denen meist ein böses Erwachen folgt. Durch den Fokus auf die Besatzung nur eines Panzers gelingt FURY, was so vielen Kriegsfilmen schwer fällt, nämlich unterscheidbare, prägnante Charaktere zu etablieren, deren Schicksal der Zuschauer mit Anteilnahme folgt. Das sensible Drehbuch trägt zu diesem Erfolg ebenso bei wie die sehr guten Darstellerleistungen und die eindringliche Inszenierung.
Vielleicht ist FURY keiner der ganz, ganz großen Kriegsfilme, dafür macht das brutale Abschlachten von SS-Bütteln dann doch zuviel Freude, ein hochkarätiger Genrevertreter ist es aber geworden.
Kurzrezi: Jupiter Ascending (USA 2015)
Ein neuer STAR WARS wollte diese inhaltlich fragwürdige Space Opera der MATRIX-Schöpfer wohl sein, geworden ist sie jedoch eher der neue MASTERS OF THE UNIVERSE. Immerhin, die Schauwerte sind gigantisch, die Action kreativ und fantasievoll inszeniert, und es gibt so einiges davon. Welt und Story hätten Potential, könnten zumindest ein DUNE für dieses Jahrzehnt sein, doch bleibt die Schilderung leider stets an der Oberfläche, der Funke der Begeisterung oder auch nur gesteigerten Interesses springt nicht über. Auch das wäre jedoch zu verschmerzen, das größte Manko dieses verrückten Projektes, von dem man sich fragt, aus welchen Gründen es wohl finanziert wurde, ist jedoch das Drehbuch, insbesondere die Dialoge. Dümmliche Glückskeksweisheiten und banalste Gemeinplätze werden über endlos erscheinende Minuten gestreckt und bremsen das Tempo dabei jedes Mal kräftig aus. Ich geb zu, die nächste Actionszene hat mich dann meist wieder versöhnt, wer sich also an zerstörten Hochhäusern, Raumschiffschlachten und exotischer kosmischer Architektur sowie ihrer Verwüstung erbauen kann, dem sei eine Sichtung ans Herz gelegt. Wer Spannung, Tiefe oder interessante Charaktere sucht, wird bei der Konkurrenz wohl eher fündig.
Trashrezi: Nick Fury – Agent Of Shield (USA 1998)
Man sollte denken, ein TV-Film über den Marvel-Helden mit David Hasselhoff als Samuel L.Jackson wäre ein großer irrer Spaß, und immerhin, irre ist dieser fehlgeschlagene Pilotfilm aus dem Jahre 1998 auch. Es ist ein Werk mit echten Helden, Helden, die die ganze Zeit so angestrengt starren, als säße ihnen ein Riesenbolzen im Pöter, den hinauszupressen sie sich nun schon seit Stunden vergeblich mühen. Es ist ein Film mit Helden, die vor lauter Heldentum und tief innewohnender beruflicher Beseeltheit schon bei der kleinsten Anstrengung keuchen und schwitzen, als ginge es um ihr Leben. Gegnerin von The Hoff ist eine arische Blondine, die nach guter alter Manier ihre teuflischen Pläne mit ebenso teuflischem Gelächter begleitet, während des Hoffs Vorgesetzter, immerhin der Charakter, der im zweiten CAPTAIN AMERICA von Robert Redford gespielt wurde, ein behämmert dreinblickender, übellauniger und hübsch kleinkarierter Hysteriker – immer kurz vor dem Explodieren – ist, dargestellt selbstredend mit erfrischendem Mangel an Talent.
Das Drehbuch stammt übrigens von niemand geringerem als David Goyer, der auch Christopher Nolans DARK KNIGHT-Trilogie geschrieben hat. Es muss aber angemerkt werden, dass das NICK FURY-Script etwas weniger gut ist.
Die Handlung ist hochuninteressant, die Dialoge sind erbärmlich, besonders erbärmlich die One-liner, Action gibt’s fast keine, die Laufzeit erscheint verdammt lang. Also unbedingt anschauen!
Kurzrezi: Wyrmwood – Road of the Dead (Australien 2015)
Die Zombies wüten wieder, dieses Mal down under. Dem australischen Setting verdankt WYRMWOOD seine spezielle Atmosphäre, die urigen Ozzies sind eben doch etwas anders drauf als die Amis. Doch auch abseits des Lokalkolorits kann das blutige Geschnetzel gefallen, kombinieren die Filmemacher doch ganz geschickt Erprobtes und Gerngesehenes mit neuen Twists und Einfällen, so dass eine wohlbekömmliche Gekrösemahlzeit dabei rauskommt. Allenfalls der gelegentliche CGI-Gore nervt, aber das ist man ja von modernen Splatterfilmen leider gewohnt. Gibt aber auch liebevoll handgemachte Sauereien.
Fans von rennenden Untoten schauen mal rein!
Kurzrezi: Maleficent (USA 2014)
Nach einem halben Dutzend halbgar auf episch gepimpter Märchenfilme gibt es nun mit dieser Alternativ-Erzählung zu Disneys DORNRÖSCHEN endlich einen gelungenen Beitrag in diesem Reigen. Der augenscheinlichste Erfolg des Filmes ist zunächst natürlich die Optik mit ihrer gelungenen Synthese aus aufwändigen Sets, Make-Up-FX und jeder Menge sehr guter CGI, doch hinter dem attraktiven Eye Candy lauert eine ergreifende und erfreulich reife Geschichte, die vor einem Demontieren der Disney-Charaktere genauso wenig zurückschreckt wie vor schmerzhafter Vergewaltigungs-Metaphorik. Überhaupt bietet sich MALEFICENT wunderbar an, um über die beabsichtigten und vielleicht auch unfreiwilligen Allegorien und Bilder zu diskutieren. Das soll aber keineswegs davon ablenken, dass MALEFICENT im Kern vor allem ein hochunterhaltsamer Fantasy-Film ist, der sein Publikum mit einer hervorragenden Angelina Jolie in der Titelrolle beeindruckt, aber auch Freunde mitreißend inszenierten Spektakels nicht unzufrieden zurücklassen dürfte.
Rezi: The Fault In Our Stars (USA 2014)
Sensible Gemüter, aufgepasst, THE FAULT IN OUR STARS holt die ganz fetten Gefühls-Böller raus, um auch dem letzten Zuschauer die Tränen aus den Äuglein zu quetschen. Teenager-Romantik mit dem über der Liebe hängenden Damoklesschwert Krebs ist schon mal ein guter Anfang, aber längst nicht alles, was der Film auffährt. Wie wäre es mit einem von generösen Unbekannten spendierten Amsterdam-Urlaub für das dem Schicksal verfallene junge Paar, bei dem die Liebenden nicht nur fürstlich und fremdfinanziert im Edelrestaurant speisen dürfen, sondern auch beim Besuch im Anne-Frank-Haus die Emotionen des Publikums mit angedeuteten Parallelen weidlich melken, bevor sie sich den ersten Kuss geben, begleitet vom krampfig-spontanen Beifall der Umstehenden. Dass die beiden Sechzehnjährigen das Leben des jeweils anderen mit Weisheiten, die eines greisen Philosphen würdig wären, bereichern, stellt die fettige Sahnesoße auf dem manipulativen Konstrukt dieser Geschichte dar, der überraschenderweise das beeindruckende, unaufgeregte und nuancenreiche Spiel von Hauptdarstellerin Shailene Woodley (DIVERGENT) aber erfolgreich Leben einzuhauchen vermag. Der Zuschauer ist sich der Manipulation seiner Gefühle zwar bewusst, die Emotionen aber, die Woodley auf der Leinwand lebt, wirken echt und gehen, jawohl, ans Herz. Gleiches lässt sich vom Spiel des männlichen Ko-Stars Ansel Elgort (auch aus DIVERGENT bekannt) leider nicht sagen, statt lebensbejahend wirkt seine affektierte Fröhlichkeit in der ersten Filmhälfte häufig eher schon latent psychopathisch. Da kann man fast von Glück reden, dass es in der zweiten Hälfte weniger Grund zum Lachen gibt. Denn das Schicksal ist halt nicht nur ein mieser Verräter, sondern auch ein aufgewühltes Meer von Tränen, vor dessen Riesenwellen man sich genauso vorsehen muss wie vor Klippen und Eisbergen, durch das aber Regie-Steuermann Josh Boone sein Schiff mit den Protagonisten an Bord routiniert steuert, ohne wirklich zu kentern. Große Experimente geht er dabei nicht ein, so dass auch kaum überrascht, dass das Drama von elegischer Klaviermusik und vertraut wirkenden Indie-Popklängen untermalt wird. Und dass nicht alle Passagiere den Hafen erreichen, dürfte bei der Thematik auch niemandem verwundern.
Was bleibt von der Reise sind rote Augen und das schale Gefühl, sich gerade willig vorführen gelassen zu haben. Und ich zumindest habe mich im Anschluss für meine Tränen ein wenig geschämt.
Kurzrezi: The Raid 2 (Indonesien 2014)
Die Fortsetzung des vielumjubelten Actionkrachers aus Indonesien hat diesmal auch mich wirklich überzeugt. Die Geschichte ist breiter angelegt und bietet Raum für mehr Abwechsung, sowohl inhaltlicher als auch visueller Natur. Vor allem aber hat die Action noch einmal deutlich zugelegt. In der ersten Hälfte des zweieinhalbstündigen Films hält sie sich noch ein wenig zurück, um dann aber wahrlich gnadenlos zuzuschlagen. Und das ist keine Übertreibung, THE RAID 2 ist eine ultrabrutale Riesensauerei mit einem Blut- und Gekrösepegel, der die meisten Splatterfilme erblassen lassen dürfte. Der Vorgänger war ja nun auch schon nichts für Zimperliche, aber wer dort schon ob der Härte gezuckt hat, sollte sich von der Fortsetzung unbedingt fernhalten. Glücklicherweise gibt’s nicht nur Schmodder in THE RAID 2, sondern vor allem natürlich hervorragende Stunts und drahtlose Kämpfe, optimal präsentiert durch eine fantastische Kampfchoreographie und komplementierende Kameraarbeit mit Sinn für Übersichtlichkeit und lange Einstellungen. Hauptdarsteller und Kampfchoreograph Iko Uwais mag kein Schauspieltitan sein, hat aber Charisma, Talent (im Gegensatz zum Thai-Action-Star Tony Jaa) und natürlich hochbeeindruckende körperliche Fähigkeiten. Der Showdown ist ein geradezu unglaublich mitreißender, extrem spektakulärer Zweikampf, in dem beide Kämpfer sich wirklich nichts schenken und die Grenzen des menschlichen Körpers offenbar zu überwinden trachten, was mir vor Begeisterung glatt den Unterkiefer runterklappen ließ.
Freunde der schönen und rohen Künste aufgepasst: Den Film muss man sich anschauen!
Kurzrezi: 47 Ronin (USA 2014)
Dieser genretranszendierende Unsinn hat mich ziemlich sauer gemacht. Wer je auf die Idee kam, diese klassische und eigentlich nur in einem streng historischen japanischen Setting funktionierende Geschichte zu einem halbgaren und inkonsequenten Fantasyschinken umzufunktionieren, sollte sich zur Strafe den Rest seines Lebens nur noch Ozu-Filme anschauen dürfen. Keanu Reeves ist hochgradig fehl am Platze, seine starre Mimik und sein Bart lassen Gedanken an Chuck Norris aufkommen. Die japanischen Darsteller sind okay, bekleckern sich aber nicht mit Ruhm und sollten allein schon der Verhurung japanischen Kulturguts wegen bestraft werden. Ach ja, langweilig erzählt ist der Film gerade im Mittelteil auch noch, den Schauwerten sieht man die 175 Millionen US$ nicht an, der Soundtrack ist furchtbar generischer Fließbandmurks. Die Action ist immerhin annehmbar, hat man woanders aber auch schon besser gesehen. Und generell gilt: Wenn schon eine borderline-rassistische Hollywoodvergewaltigung von Samurai-Mythen, dann doch lieber gleich THE LAST SAMURAI.